Schiffsarzt berichtet von Praxisalltag und medizinischen Notfällen an Bord der POLARSTERN
Wer auf der POLARSTERN krank wird oder einen Unfall hat, ist mitunter Tausende Kilometer entfernt von der nächsten Klinik. Deshalb zählen immer ein Schiffsarzt und eine Krankenschwester zur Besatzung und Forschenden. Auf mehreren Reisen behandelte Dr. Eberhard Kohlberg die Leiden der Besatzung – von der herausgefallenen Krone im Backenzahn bis zur Blinddarmentzündung. Am Donnerstag, 26. September, 18 Uhr, berichtet der Chirurg in der Veranstaltungsreihe „Angeheuert! Berufe an Bord“ im Deutschen Schifffahrtsmuseum (DSM) /Leibniz-Institut für Maritime Geschichte von Operationen auf hoher See und einem Jahr im ewigen Eis.
Seine Reisen in die Polarregionen begannen für Kohlberg mit einer Zeitungsannonce: Das Alfred-Wegener-Institut / Helmholtz-Zentrum für Polarforschung (AWI) suchte 1989 einen Arzt zum Überwintern auf der Neumayer-Station am Südpol. „Ich fand es spannend, für ein Jahr in der Antarktis auf sich gestellt zu sein“, erinnert sich der heute 71-Jährige. Kohlberg bewarb sich und erhielt die Anstellung. Nach seinem Jahr auf der Neumayer-Station ging er dann als Schiffsarzt mit der POLARSTERN auf verschiedene Forschungsreisen. Zusammengerechnet verbrachte er bereits rund fünf Jahre auf dem Schiff.
Besonders groß sei der Unterschied zwischen dem Behandlungszimmer an Bord und einer Praxis an Land nicht, meint Kohlberg: „Die Klinik ist räumlich kleiner, aber von der Ausstattung her vergleichbar. Nur die Sprechstunde ist nicht so vollgepackt.“ Als Schiffsarzt ist er verantwortlich für die Gesundheit der gesamten Crewmitglieder und Forschenden an Bord, zumeist rund 100 Personen. Während der Fahrt kümmert sich der ausgebildete Chirurg hauptsächlich um Leiden aus der hausärztlichen Praxis, etwa Seekrankheit und Erkältungen.
Auf See kommt es aber auch immer wieder zu Unfällen oder zu akuten gesundheitlichen Problemen. So musste Kohlberg auf der POLARSTERN auch schon Blinddärme entfernen und perforierte Magengeschwüre operieren. Im Ernstfall assistieren die nautischen Offiziere dabei – sie haben dafür eine Zusatzausbildung erhalten. „Wir haben auch eine enge Kooperation mit dem Klinikum Reinkenheide Bremerhaven“, erläutert Kohlberg. Per Telemedizin können die Kollegen in Deutschland Patientendaten überwachen und medizinische Ratschläge übermitteln. Sie sind über ein Sattelitentelefon zugeschaltet.
Auf der kommenden MOSAiC-Expedition wird Kohlberg nicht an Bord der POLARSTERN sein. Er hat für das AWI allerdings die Logistik rund um die schwimmende Klinik und die Auswahl der Bordärzte organisiert. Weitere Einblicke in seine Tätigkeit während der verschiedenen Forschungsreisen gibt Dr. Eberhard Kohlberg am Donnerstag, 26. September, bei „Angeheuert! Berufe an Bord“ von 18 bis 19.30 Uhr in der Polarlounge im Bangert-Bau des DSM. Der Eintritt ist frei. Wer sich selbst ein Bild vom Leben an Bord der POLARSTERN machen möchte, kann vor dem Vortrag kostenpflichtig die Sonderausstellung „360° Grad POLARSTERN – Eine virtuelle Forschungsexpedition“ besuchen.
Gesprächsreihe: Angeheuert! Berufe an Bord
Datum: 26. September 2019, 18 – 19.30 Uhr
Treffpunkt: Eingang Sonderausstellung