Schatz aus dem Depot: DSM zeigt künftig Archivalie des Monats
In der neuen Reihe „Archivalie des Monats“ steht im Deutschen Schifffahrtsmuseum (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte ab Januar 2023 alle vier Wochen ein neues historisches Dokument auf der Website und in den sozialen Kanälen im Rampenlicht. Spot an!
Der Tausendsassa Georg Papendiek (1826–1867) besaß Sinn fürs Abenteuer und war bereits im 19. Jahrhundert ein Globetrotter. Der in Boston lebende Bremer mit britischen Vorfahren, die Verbindung zum Königshaus hatten, kam als Kaufmann über den Atlantik, versuchte sich zunächst in der Geldwirtschaft und gründete mit seinem Bruder Christopher 1854 die „Germania Bank of Milwaukee“. Während eines Überfalls dort rettete er sein Leben in letzter Sekunde. Danach probierte er sich im ruhigeren Business eines Importgeschäfts für Polsterwaren und anderer Handelsgüter und war Konsul für Hannover und Mecklenburg in Boston. Den späteren Schnitt an einer Flasche überlebte er nicht mehr und verstarb recht jung an einer Blutvergiftung.
Gegen das stürmische Leben wirkt Papendieks Reisealbum, in dem er die Notizen über seine Schiffspassage von New York nach Bremen beschreibt, fast etwas adrett. In fein säuberlicher Schönschrift dokumentiert er die Sehenswürdigkeiten seiner frühen Heimat Bremen, klebt sorgsam Bilder vom Rathaus, der Wall-Mühle und vom damals zweijährigen Bahnhof ein. Das Album aus dem Jahr 1859 befindet sich in der Sammlung des DSM und Dr. Alexander Reis nimmt es für die neue Reihe „Archivalie des Monats“ genau unter die Lupe. „Es handelt sich sozusagen um das erste Scrapbook. Papendiek schreibt in englischer Sprache, wahrscheinlich sollte es ein Erinnerungsalbum für seine in Boston lebende Familie sein“, sagt Reis, am DSM Mitarbeiter in der digitalen Dokumentation, über das handschriftliche Zeugnis, das an die Urform von Instagramposts erinnert. Reis faszinieren die detailgetreuen Beschreibungen. Er kann die Überfahrt an Bord des Passagierschiffes des Norddeutschen Lloyds von der Ablegestelle in New York bis zum Umstieg auf den Raddampfer ROLAND in der Wesermündung bei Bremerhaven rekonstruieren.
Zu Beginn jedes Monats stellen ab Januar 2023 wechselnde DSM-Mitarbeitende jeweils einen Schatz aus dem Depot vor, der bisher nie zu sehen war. Auf dem Blog der Website und auf Facebook sowie Instagram können Interessierte die Archivalien im digitalen Rampenlicht erleben. Vorausgegangen war ein Projekt, über das im vergangenen Jahr etliche Regalmeter Akten gesäubert und neu gelagert wurden, um den Bestand weiterhin für die Zukunft zu sichern. Darunter befinden sich Fotos, das Maschinen-Journal eines Eisbrechers, eine Radierung von Max Liebermann und das Tagebuch einer ausgewanderten Bremerin. Letzteres gehört zu den ältesten Dokumenten aus dem Jahr 1801. Finanziert wird dieses Projekt mit Mitteln aus dem Sonderprogramm der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen einer Förderung durch die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts und vom Land Bremen. Es wurde auch 2022 und 2023 weiterbewilligt.
„Durch die Umbettung und Säuberung der Archivalien wird deren Bestand auch für Studienzwecke und Digitalisierungsprojekte besser zugänglich gemacht“, so Reis. Die Sammlung des DSM umfasst 380.000 Archivalien und 60.000 Museumsobjekte. Von der neuen Reihe verspricht sich Reis, dass Interessierte Einblicke in alte Schriftstücke und Fotos erhalten, die sonst nicht in der Ausstellung zu sehen sind. „Spannend ist auch, die Beziehungen von Objekten zum DSM aufzuspüren, diese Frage könnte beispielsweise bei der Radierung von Max Liebermann aufkommen.“
Infos zur „Achivalie des Monats“ ab Januar auf Facebook und Instagram jeweils unter @leibnizdsm und auf der Website auf www.dsm.museum/blog