Mit einem Klick Seefahrt im Ohr
Seefahrt sicht- und hörbar machen – dieses Ziel verfolgt das Projekt „KARTEN WISSEN MEER mobil“ am Deutschen Schifffahrtsmuseum (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte. Zwölf Männer und Frauen aus aller Welt berichten in der Podcastreihe über ihren Weg aufs Schiff sowie Leben und Dienst an Bord.
Wie fährt sich ein Massengutfrachter? Wie schwer ist der Weg für Frauen in die Schifffahrt? Wie steuert man nachts den Suez-Kanal an? Das wollte Kurator Dr. Frederic Theis vom DSM wissen. Für das Projekt "KARTEN WISSEN MEER mobil" sprach er mit Kapitäninnen und Kapitänen und weiteren Crewmitgliedern aus aller Welt. Jeder und jede schilderte ihm in den entstandenen Podcasts die Sicht auf Arbeit und Bordleben sowie den individuellen Lebensweg.
Suneha Gadpande, die bekannteste Kapitänin Indiens, erzählt beispielsweise, welche Hindernisse ihr als Frau während der Ausbildung in den Weg gelegt wurden. Weil ihre Abschlüsse nicht anerkannt wurden, musste sie länger studieren als ihre männlichen Kollegen. Kapitän Amnart Homsudcha pendelt mit seinem Massengutfrachter alle zwei Wochen zwischen Norwegen und Bremen. Der Thailänder und seine thailändisch-indische Crew bringen skandinavisches Eisenerz aus Narvik zum Stahlwerk in Bremen. „Bei diesem Interview zeigt sich besonders deutlich, wie stark Schifffahrt die Globalisierung prägt. Vor allem, wenn das Schiff unter einer anderen als etwa der deutschen oder norwegischen Flagge fährt – hier SAVITA NAREE unter den Farben Singapurs“, so Frederic Theis.
Für den Historiker ist "KARTEN WISSEN MEER mobil" die Fortsetzung des Projekts „Karten-Meere“, das er seit 2018 vier Jahre lang betreute. Standen dabei zunächst attraktive Karten aus der DSM-Sammlung und der Sammlung Perthes in Gotha sowie deren materielle, typologische und inhaltliche Vielfalt im Fokus, so konzentriert sich "KARTEN WISSEN MEER mobil" auf aktuelle und zukunftsgerichtete Sichtweisen von Menschen auf das Meer sowie das Leben an der Küste.
Theis sprach mit Menschen aus Deutschland, der Ukraine, Indien, Thailand, Togo, Panama und Brasilien und fragte sie nach relevanten Aspekten ihres Lebens am und mit dem Meer. Sie stehen auf den Brücken großer Tanker, Kreuzfahrt- sowie Containerschiffe oder sind anderweitig in den Bordbetrieb involviert. Kaffee, Tee, Südfrüchte und viele weitere Waren aus aller Welt erreichen täglich via Schiff die Häfen und kommen von dort in die Supermärkte. Der logistische Kraftakt, der hinter dem Warenstrom steckt und von den Seefahrenden erbracht wird, ist den Einkaufenden häufig nicht bewusst. „Meine Motivation war, die Menschen an Bord und ihre Geschichten im Museum hör- und sichtbar zu machen.“
Die Kontaktaufnahme mit den Seefahrenden gelang Theis mithilfe der Deutschen Seemannsmission an deren Stationen in Hamburg, Bremen und Bremerhaven sowie weltweit. Interviews mit den Gesprächspartner:innen im Alter zwischen 20 und über 70 Jahren fanden an Bord oder virtuell statt. Einen ukrainischen Dolmetscher und Zahlmeister eines Kreuzfahrtschiffes sowie einige andere hatte Theis für das Gespräch direkt ins DSM eingeladen. „Die Podcasts zeichnen ein vielfältiges Erfahrungsbild von Menschen verschiedener Generationen und Nationalitäten. Ich freue mich, dass dieses Wissen mithilfe der Podcasts erhalten bleibt.“
Die Podcasts sind zu hören unter: www.dsm.museum/podcast_KWM
Blick in den Hamburger Containerhafen in der Nähe des Seemannsclubs „Duckdalben".
Credit: DSM / Frederic Theis