Forschungsschifffahrt erlebbar machen
Wissenschaft auf See – ein spannendes Thema für die Neugestaltung des Deutschen Schifffahrtsmuseums
Mit seiner ersten Virtual Reality-Ausstellung 360° POLARSTERN betritt das Deutsche Schifffahrtsmuseum zukunftsweisendes Terrain – auch für die Wiedereröffnung nach der derzeit noch andauernden Umgestaltungsphase. Denn auch in der neuen Ausstellung, die 2021 eröffnet, sollen die Gäste am anschaulichen, interaktiven Beispiel des Eisbrechers mehr über die Meeres- und Polarforschung erfahren können.
So erleben sie gewissermaßen hautnah, wie an Bord eines Forschungsschiffs gearbeitet und gelebt wird. Und es gibt Antworten auf verschiedenste Fragen: Wie war Forschungsschifffahrt früher? Wer darf auf einem Forschungsschiff mitfahren? Wie gestaltet sich der Alltag auf einem Forschungsschiff? Wie werden an Bord welche Daten gesammelt? Und was wird danach mit den gesammelten Daten gemacht? Wie entstehen aus den Daten bestimmte Aussagen, zum Beispiel zum Thema Klimawandel? Wie funktioniert eigentlich Forschung unter Extrembedingungen wie etwa in arktischen Regionen? Welche Rolle spielen Forschungsschiffe in der Öffentlichkeit? Wie viel kostet so ein Forschungsschiff überhaupt? Und wie international sind eigentlich die Meeres- und Polarforschung?
Wenn die Forschung selbst zum Forschungsthema wird
Seit 2015 arbeitet Dr. Martin Weiss, Wissenschaftlicher Koordinator der Ausstellungsmodule „Schiff und Physik“ und „Forschungssschifffahrt“ in der neuen Dauerausstellung des DSM, am museumseigenen Projekt „Meer Macht Wissenschaft: Deutsche Forschungsschiffe im 20. Jahrhundert“. „Unser langfristiges Ziel ist es, die Forschungsschifffahrt zu einem festen, für unsere Gäste erlebbaren Bestandteil der neuen Dauerausstellung des DSM zu machen,“ erklärt er. Im Mittelpunkt der Forschung zum Thema steht aber nicht nur die reine Geschichte der deutschen Forschungsschifffahrt. „Interessant ist vor allem auch der Einfluss verschiedener Interessen und Abwägungen auf die Finanzierung sowie auf die Ausrichtung der Forschungsprogramme – sowohl in der BRD als auch in der DDR“, beschreibt Weiss das wissenschaftshistorische Projekt. „Die Forschungsschifffahrt ist historisch betrachtet ein sehr fruchtbares Thema. Sie ist in jeder Hinsicht interdisziplinär - sowohl was die Forschungsarbeit an Bord angeht als auch was die Finanzierung und die Einsatzfelder von Forschungsschiffen betrifft. Denn dabei spielen neben wissenschaftlichen immer auch wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Aspekte eine Rolle.“ Expeditionen und Forschungsmissionen sind nicht allein von Wissensdurst und Neugierde geprägt, oft geht es auch um die Suche nach Ressourcen oder gar um militärische Interessen. Deutsche Forschungsschiffe im Kalten Krieg sind in dieser Hinsicht besonders spannend: Aufgrund ihres zum Teil internationalen Bekanntheitsgrades, ihrer Funktion als Aushängeschild für deutsche Forschung und nicht zuletzt der deutschen Teilung nach dem Zweiten Weltkrieg lassen sich bei der detaillierten Betrachtung ihrer Geschichte vielfältige Faktoren ermitteln, die die Konzeption und Nutzung von Forschungsschiffen betreffen.
POLARSTERN als anschauliches Fallbeispiel
Weiss nimmt für seine Untersuchungen einzelne Fallbeispiele ganz genau unter die Lupe, so etwa die METEOR I der Deutschen Atlantischen Expedition 1925 bis 1927, das Forschungsschiff METEOR II, das 1964 fertiggestellt wurde, das DDR-Forschungsschiff PROFESSOR ALBRECHT PENCK und natürlich auch die 1982 in Dienst POLARSTERN. „An der Geschichte der POLARSTERN lässt sich besonders deutlich die Wandlung vom Fronten-Denken des Kalten Krieges hin zu globalen Zusammenhängen und Entwicklungen ablesen“, erzählt Weiss. Ging es zum Beispiel noch Anfang der 1980er Jahre vor allem um das Aufspüren von Krill, stehe seitdem bei den Expeditionen des Schiffes verstärkt der Umwelt- und Klimaschutz im Fokus.