Forschungsdepot steht kurz vor dem Bezug
Ein fensterloser Bau in Planken-Optik ragt hinter dem Fischereihafen Bremerhaven gen Himmel. Im Inneren umhüllt Dunkelheit die Besuchenden. Keine hellen Aussichten für ein Wohnhaus, aber die besten Bedingungen für Museumsobjekte: Museologin Annika Opitz ist vom neuen Forschungsdepot begeistert. Es wird das Heim für Exponate, Objekte und Archivalien. Der Einzug startet im Frühjahr nach eineinhalbjähriger Bauphase.
Noch hängen hier und dort Kabel, es fehlen die großen Regale, die aus der Halle und den Räumen Depots machen. Doch es lässt sich erahnen: In die rund 2300 Quadratmeter großen Depotflächen in der Eichstraße 13 passt viel. Trotz der Größe kommt Museologin Annika Opitz immer wieder ins Kalkulieren – was passt wo am besten rein? Schließlich umfasst die Sammlung des Deutschen Schifffahrtsmuseums (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte 380.000 Archivalien und 60.000 Museumsobjekte mit diversen Ausmaßen. Von XXL bis winzig klein ist alles dabei, das Segelrettungsboot GEHEIMRAT HEINRICH GERLACH gehört zu den Giganten, die Uniformknöpfe sind die kleinsten Besonderheiten. Dazu gesellen sich Galionsfiguren, Tischservices, Schiffsmodelle, Takelagen, Gemälde, Pokale, Silber, Navigationsinstrumente und vieles mehr. Es ist so viel, dass es Opitz unmöglich ist, einen Favoriten zu benennen. „Für mich ist die Sammlung als Ganzes einzigartig und besonders. Deshalb ist es mir sehr wichtig, dass alle Objekte auf Dauer erhalten bleiben. Das Forschungsdepot gibt uns die einmalige Chance, unsere Sammlung unter konservatorisch optimalen Bedingungen zu lagern.“
Das neue Gebäude bietet perfekte Bedingungen in modernem Standard. Die große Halle und die darüber liegenden Depoträume sind dunkel, haben ein konstantes Klima zwischen 17 und 22 Grad sowie eine relative Luftfeuchtigkeit von 40 bis 60 Prozent. So bleiben die Exponate vor UV-Licht, Temperaturschwankungen, Umwelteinflüssen und Staub bestens geschützt. Übrigens bereits von der Lieferung an, denn über eine Schleuse können Transporter demnächst direkt ins Innere des Gebäudes fahren. Empfindliche Dias, Glasplatten und Fotografien finden in der neuen Kühlkammer eine geschützte Umgebung. Das Archiv zieht in großzügige Räume, die neue Projekte möglich machen: „Mit dem zusätzlichen Platz kann das Archiv seine Bestände erweitern und erschließen“, sagt Opitz. Zusätzlich zur Sammlungsinfrastruktur zieht das Team der 3D-Erfassung ins Gebäude und wird vor Ort die Objekte dreidimensional erfassen, damit sie auch im Museum und auf der Website erkundet werden können.
Der entscheidende Vorteil am zukünftigen Forschungsdepot ist, das Studierende und Wissenschaftler dort die Möglichkeit haben, Exponate für Recherchen live in der Studierzone zu sichten. Für Opitz sind das traumhafte Bedingungen, um ganz nah am Puls der Geschichte zu sein. Zu besonderen Anlässen darf auch die Öffentlichkeit Blicke ins Depot werfen, verspricht die Expertin.
Doch zunächst stehen Umzug, Auspacken und systematisches Einsortieren auf dem Plan. Ab dem Frühjahr rollen Lkw mit Tausenden von Kisten aus den Interimsdepots an. Bis Ende des Jahres wird das Räumen sicherlich dauern. Opitz, die als gebürtige Bremerin schon als Kind das DSM besuchte, wird ein waches Auge auf den Bestand haben: „Es geht darum, die Sammlung zu erfassen, zu pflegen, die klimatischen Bedingungen zu kontrollieren und sorgfältig auf Auffälligkeiten und Veränderungen zu prüfen. Die Arbeit wird uns auf keinen Fall ausgehen.“
Wenn die ersten Lkw die Schleuse passieren, markiert das für Opitz nicht das Ziel eines langen Weges, sondern eher einen Zwischenstopp. 2015 gab es die ersten Überlegungen für ein Forschungsdepot, im November 2019 wurde der Grundstein gelegt. Seitdem die Museologin am DSM arbeitet, begleitet sie das Projekt – von der ersten Machbarkeitsstudie bis zum Einzug. Dennoch ziehen ihre Gedanken bereits in die Zukunft: Die Sammlung wächst und Opitz hofft auf einen Erweiterungsbau. „Bis hierhin war es ein aufregender Weg, aber es ist toll, dass ich ihn vom ersten Grundriss bis zum Einzug begleiten durfte und darf.“
Das Forschungsdepot im Fischereihafen. Markant ist die Planken-Optik, die an die KOGGE erinnern soll.
Foto: DSM / Helena Grebe
Noch fehlen die Regale: In der Halle werden bald die Exponate einziehen.
Foto: DSM / Helena Grebe