Eintauchen ins Abenteuer
Die Polarstern-Ausstellung basiert auf einem erlebnisreichen Dreh an Bord des Eisbrechers
Seit 37 Jahren ist die POLARSTERN im Dienste der Wissenschaft auf den Weltmeeren unterwegs. Aber wie sieht es eigentlich genau aus auf der POLARSTERN? Wie fühlt es sich an, mit einem solchen Schiff zu fahren, dort zu forschen und zu leben? Nur wenige Menschen hatten bislang die Gelegenheit, das tatsächlich zu erleben. Das soll sich mit der Sonderausstellung „360° POLARSTERN“ ändern.
„Wir lassen unsere Gäste hautnah in die Meeres- und Polarforschung und nicht zuletzt in den Alltag von Forschungsteams und Cremitgliedern eintauchen,“ sagt Niels Hollmeier, Projektleiter der Sonderausstellung und Digital Curator am DSM. Möglich macht das eine innovative Technik, die in dieser Form bisher noch nicht im Museumsbereich eingesetzt wurde. Gemeinsam mit der Softwareagentur Playersjourney, dem Ingenieurbüro Laserscan Berlin und dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, präsentiert das DSM in der Sonderausstellung neben realen Objekten aus der Forschungsschifffahrt neuartige Virtual- und Augmented-Reality-Anwendungen. Diese erlauben einmalige Einblicke in ansonsten zum großen Teil im Verborgenen liegende Wissenschaftswelten. „Wir betreten mit der ersten Virtual- und Augmented Reality-Ausstellung zur POLARSTERN in dieser Größenordnung Neuland,“ berichtet Niels Hollmeier. Reale und virtuelle Aspekte werden auf beeindruckende Weise miteinander kombiniert. Damit machen wir die Faszination Forschungsschifffahrt erlebbar und zeigen gleichzeitig die aktuellen technischen Möglichkeiten von Virtual-Augmented-Reality-Anwendungen.
Im Mittelpunkt von „360° POLARSTERN“ stehen ein interaktives 3D-Modell der POLARSTERN sowie einmalige 360⁰-Videoaufnahmen vom Schiff. Entstanden sind diese im November 2018, als ein Filmteam die POLARSTERN insgesamt acht Tage lang auf einer Transitfahrt von Bremerhaven nach Las Palmas begleitete. Im Gepäck Spezialkameras, die in der Lage sind, zeitgleich in sämtliche Richtungen zu filmen. „Es war nicht ganz einfach, die Kameras für die Außenaufnahmen zu befestigen,“ schildert Dr. Christian Stein von Playersjourney eine der vielen Herausforderungen an Bord des Schiffes. „Die Kamera muss allein stehen und kann nur aus der Ferne kontrolliert werden, da sie rundum aufzeichnet. Um Wind, Wellen und Gischt standzuhalten, mussten wir sie deshalb gemeinsam mit der Crew ordentlich vertäuen.“ Die faszinierende, neue Technologie öffnete dem Filmteam auf dem hochspezialisierten Forschungsschiff sprichwörtlich Türen: „Es ist uns auch dank der mit den Aufnahmen erzielten Wow-Effekte schnell gelungen, mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie den Besatzungsmitgliedern an Bord ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. So bekamen wir filmischen Zugang zu sämtlichen Bereichen des Schiffes und durften nicht nur an bekannten Orten wie dem Schiffsdeck oder auf der Brücke drehen, sondern auch in sonst nicht zugänglichen Bereichen wie dem Maschinenraum, dem Leitstand, der Küche oder der Kapitänskajüte,“ erzählt Stein. Aufwändig wurden die Aufnahmen nach der Reise mit Hilfe des sogenannten Stitching-Verfahrens zusammengebaut, geschnitten und mit Soundaufnahmen und O-Tönen kombiniert. Parallel dazu erstellte die Firma Laserscan ebenfalls Ende 2018 die interaktive Digitalisierung eines Modells der POLARSTERN.
Das Ergebnis dieser Arbeiten wird nun im Erweiterungsbau des DSM gezeigt. Durch vier Augmented Reality-Brillen schauen die Gäste in ein knapp 40 Meter langes Kiesbett auf den Grundriss der POLARSTERN im Maßstab 1:2 und auf das digitalisierte Schiffsmodell. „Zu sehen sind sowohl die reale Welt, in diesem Fall der Museumsraum, als auch die verschiedenen Elemente der virtuellen Welt,“ erklärt Niels Hollmeier. Beide Ebenen sind eng miteinander verzahnt und man kann das Schiff über eine ausgeklügelte Gestensteuerung nicht nur von außen betrachten, sondern etwa Schiffsräume anwählen, mit dem digitalen Modell interagieren und Wissenswertes über Funktionen und Aufgaben des Forschungsschiffs erfahren. Über eine Brücke lässt sich zudem das Kiesbett betreten, so dass man direkt auf dem Grundriss steht. Hier finden sich nicht nur weiterführende Informationen, Fotos und Exponate, sondern auch vier Virtual Reality-Stationen mit Filmen zu den Themenbereichen Forschen, Leben, Fahren und Aufbruch.
Dr. Christian Stein und Thomas Lilge von Playersjourney mit Museumsdirektorin Prof. Dr. Sunhild Kleingärtner und Ausstellungskurator Niels Hollmeier.
Foto: DSM / Thomas Joppig