Digitale Ausstellung „Open Histories“ zeigt rätselhafte Objekte aus der Sammlung des DSM
Ob Gemälde, Schiffsmodelle oder Holzobjekte: Viele Gegenstände in der Sammlung des Deutschen Schifffahrtsmuseums (DSM)/ Leibniz-Institut für Maritime Geschichte geben Rätsel über ihre Herkunftsgeschichte auf. Das Ausstellungs- und Vermittlungsprojekt „Open Histories“ öffnet den Blick auf das Museum als Archiv. Objekte mit unbekannter Geschichte aus kolonialen Kontexten erfahren eine neue Betrachtung. Sie werden teilweise zum ersten Mal überhaupt der Öffentlichkeit präsentiert. Zu den Gegenständen fehlen wichtige Informationen. Manche sind gar nicht richtig beschrieben.
Provenienzforschung befasst sich mit der Herkunft von Objekten. Das DSM öffnet hierfür sein Depot, zeigt Überlieferungswege auf, macht klar, wo Informationen fehlen und bezieht Interessierte in den Dialog zur Sammlung ein. Podcast-Beiträge, 3D-Modelle und hochauflösende Fotos bieten vertiefte Informationen an. Sie sind Teil der digitalen Ausstellung „Open Histories“. Um den Objekten näherzukommen, über die wenig Informationen vorhanden sind, lädt die Ausstellung zum Mitmachen ein – dazu, den unbekannten Geschichten eine Stimme zu verleihen.
Die Artefakte übermitteln zahlreiche kulturelle Zusammenhänge, die nicht immer auf den ersten Blick entschlüsselt werden können. Manchmal muss genau das hinterfragt werden, was auf den ersten Blick offensichtlich erscheint wie die Darstellung eines Dampfers. Ein zunächst plausibel erscheinender Begriff, der Name eines Gemäldes oder die vermeintliche Funktion eines Holzobjektes kann sich als falsche Zuschreibung herausstellen. Die ursprüngliche Bedeutung eines Reiseprospektes geht durch das Ausstellen verloren oder verändert sich. Teils werden exotische oder rassistische Klischees offenbar, Stereotypen überlagern einen wertfreien Zugang. Ein Objekt wie eine Opiumpfeife ist fremd und zugleich eigen oder angeeignet.
EinSouvenir erzählt nicht immer die Erinnerungen des einzelnen Reisenden, die mit ihm verbunden sind. Manche Objekte werden in großen Mengen produziert und gekauft. Die Objekte legen falsche Fährten aus: Sie müssen genau betrachtet werden. Ist ein tierisches Objekt wie ein Gürteltierpanzer oder ein mit Fell bespanntes Schild wirklich nur ein Souvenir oder handelt es sich vielmehr um den Ausdruck eines kolonialen Machtverhältnisses? Manchmal kann die Übergabe oder der Besitz eines solchen Objektes eine Ersatzhandlung für verlorene Macht oder falsche Erinnerung sein. Dient ein Holzobjekt aus Papua-Neuguinea auch in Europa als eine Nackenstütze? Die Dinge haben ihren kulturellen Hintergrund verlassen. Um ihre Geschichte zu erfahren, werden die Zusammenhänge ihrer Reise rekonstruiert.
Interessierte können hier Objekte auswählen und zu ihnen eine Geschichte entwickeln. Wie könnte es heißen? Welche Funktion könnte es haben? Woraus wurde es wohl gemacht? Mit wem könnte es gereist sein?
Open Histories wurde gefördert aus Mitteln des Aktionsplans Leibniz-Forschungsmuseen.
Vermutlich Nähkörbchen, 20. Jahrhundert, Südamerika, Panzer eines Gürteltieres.
Foto: DSM / Helena Grebe
Schiffsmodell einer Piraten-Dschunke, 18. Jahrhundert, Herkunftsort unbekannt, Holzmodell mit Stoffsegel
Foto: DSM / Helena Grebe
Reederei-Plakat „Woermann-Linie“, datiert 1912, signiert 1919, Deutschland, Farbdruck auf Papier.
Foto: DSM / Helena Grebe