Globale Maritime Erzählweise im DSM

Als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Globales Storytelling am Deutschen Schifffahrtsmuseum (DSM) in Bremerhaven erforsche ich das Meer nicht nur als historisches Thema, sondern als lebendige, verbindende Kraft – eine Kraft, die Identitäten, Mobilitäten und Vorstellungen weltweit bis heute prägt. Im Mittelpunkt meines Projekts steht die Überzeugung, dass maritime Museen über nationale oder starre Erzählweisen hinausgehen müssen, um eine breitere, dynamischere und inklusivere Vermittlung zu ermöglichen.

Ich bin in einer landumschlossenen Region Pakistans aufgewachsen und habe das Meer nicht durch direkte Erfahrung, sondern durch historische Berichte, koloniale Erzählungen und überlieferte Vorstellungen kennengelernt. Diese Geschichten – von Entdeckern, Imperien und Migrationen – waren stets Teil eines größeren globalen Zusammenhangs. Heute bringe ich diese Perspektive in die Museumsarbeit ein und helfe mit, maritime Geschichte und Kultur so zu erzählen, dass sie sowohl für lokale als auch für internationale Besuchende relevant ist.

Meine Rolle ist stark kooperativ geprägt. Ich arbeite eng mit dem Museumsteam zusammen, um neue Wege der Gäste-Ansprache zu entwickeln – sei es durch die Neugestaltung von Ausstellungserzählungen, öffentliche Veranstaltungen oder digitale Formate. Für manche bedeutet das, sich stärker mit lokalen Interessen oder Freizeitkulturen auseinanderzusetzen. Andere wiederum widmen sich globalen Themen wie ökologischen Fragen, dem Klimawandel oder der Naturgeschichte des Meeres. Meine Aufgabe ist es, Brücken zwischen diesen Ebenen zu schlagen – zwischen Globalem und Lokalem, Historischem und Gegenwärtigem – damit das Museum relevant, reflektiert und offen bleibt.

Ein Schwerpunkt meiner Forschung liegt auf der Frage, wie die Nordsee und die Ostsee, oft als regionale Meeresräume verstanden, in Wirklichkeit tief in globale Handels-, Wissens- und Migrationsnetzwerke eingebettet sind. Am DSM unterstütze ich die Entwicklung von Ausstellungen, die diese globalen Einflüsse sichtbar machen – und aufzeigen, wie deutsche maritime Traditionen Teil einer größeren internationalen Geschichte sind. Unser Ziel ist es, das Museum als Ort zu positionieren, an dem das Lokale dem Globalen begegnet und regionale maritime Identitäten durch weltweite Perspektiven bereichert werden.

In diesem Zusammenhang erhalten unsere Sammlungsobjekte neue Bedeutung. Die Objekte am DSM sind keine statischen Relikte – sie sind Zeugen globaler Verflechtungen. Von Schiffsmodellen über Navigationsinstrumente bis hin zu Reiseberichten und Uniformen erzählen sie von interkulturellem Austausch, kolonialen Beziehungen, technologischem Wandel und menschlicher Widerstandskraft. Indem wir diese vielschichtigen Geschichten zugänglich machen, zeigen wir, wie globale maritime Geschichte auch hier in Bremerhaven präsent ist.

Ein wichtiger Teil meiner Arbeit ist es, die Inhalte des Museums einem weltweiten Publikum zugänglich zu machen. Über Vorträge, Workshops und unseren Museumsblog teile ich Forschungseinblicke und Ausstellungsgeschichten mit einer internationalen Community. Diese Plattformen ermöglichen es uns, über die physischen Museumsgrenzen hinaus zu wirken und Netzwerke mit Wissenschaftlerinnen, Pädagoginnen, Künstlerinnen und Künstler und maritimen Gemeinschaften weltweit zu knüpfen. So tragen wir zu einem inklusiveren und demokratischeren Verständnis maritimer Geschichte bei – offen für vielfältige Stimmen und Sichtweisen.

Globales Storytelling am DSM bedeutet auch, mit internationalen Institutionen und Partnermuseen zusammenzuarbeiten. Durch länderübergreifende Projekte vertiefen wir den kulturellen Dialog über maritime Geschichte, fördern den Wissensaustausch und lernen voneinander. Solche Partnerschaften sind entscheidend, um das Museum als Ort gemeinsamer Forschung und nicht nur als nationales Gedächtnis weiterzuentwickeln.

Ein Museum, das sich darauf beschränkt, die Vergangenheit zu erzählen, läuft Gefahr, zu einem statischen Archiv zu werden – das nur noch eine historische Geschichte vermittelt, die sich immer weiter von der Erfahrung und den Anliegen seiner Besucher*innen entfernt. Deshalb setzen wir auf Erzählungen, die zeitgenössische Themen, persönliche Erfahrungen und kulturelles Gedächtnis einbeziehen. Es geht darum, maritime Geschichte durch die Menschen zu erzählen, die daran beteiligt sind – um das breitere maritime Erleben sichtbar zu machen und die persönliche Bedeutung von Objekten in den Mittelpunkt zu rücken.

Durch den Fokus auf globale Themen mit lokaler Relevanz wollen wir sowohl die Bewohner*innen von Bremerhaven und Bremen als auch ein internationales Publikum ansprechen. Ob durch die Geschichte eines lokalen Fischers oder durch historische Berichte über internationalen Seehandel – unser Ansatz beruht auf der Überzeugung, dass maritime Geschichte uns alle betrifft.

Letztlich geht es bei meiner Arbeit am DSM darum, das Museum weiterzuentwickeln – konzeptionell, gesellschaftlich und global. Das Meer steht nie still, und unsere Geschichten sollten das auch nicht. Durch globales Storytelling wollen wir das DSM zu einem Ort machen, an dem Geschichte, Gemeinschaft und Vorstellungskraft aufeinandertreffen – ein Raum, der die Komplexität unserer maritimen Vergangenheit und die gemeinsamen Ozeane unserer Zukunft widerspiegelt.

 

 

 

Kontaktperson

Dr. Mudassar Munir

M.Munir@dsm.museum

 

.svgNavPlus { fill: #002c50; } .svgFacebook { fill: #002c50; } .svgYoutube { fill: #002c50; } .svgInstagram { fill: #002c50; } .svgLeibnizLogo { fill: #002c50; } .svgWatch { fill: #002c50; } .svgPin { fill: #002c50; } .svgLetter { fill: #002c50; } Universität Bremen