Die Physik des Meeres erkunden
Wie ein oranger Strahl durchkreuzt der Ausstellungsbereich „Schiff und Physik“ die übrigen Areale der Ausstellung. Die Gestaltung hat hohe Symbolkraft: „Der Ozean ist ein Extremraum, in dem physikalische Gesetze mitbesonderer Kraft wirken“, sagt DSM-Direktorin Prof. Dr. Ruth Schilling, die den Bereich kuratiert hat.
Seit Jahrtausenden sammelt und nutzt der Mensch physikalisches Wissen über den Ozean, um ihn für sich und seine Interessen berechenbar zu machen. Dass Schiffe fahren oder als U-Boote kontrolliert tauchen können, ist die Folge physikalischer Grundprinzipien, die im und auf dem Wasser wirken: Damit ein Schiff schwimmen kann, muss es weniger wiegen als das Wasser, das von ihm verdrängt wird. In einem räumlich viel größeren Maßstab bewirken Anziehungs- und Fliehkräfte zwischen Mond und Sonne in ihrer Wirkung auf die Erde die Entstehung von Gezeiten. Deren möglichst genaue Vorhersage ist für Schifffahrt unerlässlich.
Von diesem Wunsch zeugen in der Ausstellung zwei Gezeitenrechner, analoge Computer, von denen einer aus dem Kaiserreich und der andere aus der DDR stammt. Auch ein sogenannter Kartesischer Taucher ist in der Ausstellung zu sehen. Die Versuchsanordnung stellte einst Voraussetzung für die Entwicklung von U-Booten dar, die ab dem 18. Jahrhundert begann.
Eine der mächtigsten Kräfte, die wir kennen, ist Wasserdruck. Wie zerstörerisch er wirken kann, zeigt ein zerdrückter Auftriebskörper. Er wurde 1998 vom Forschungsschiff POLARSTERN im Südpolarmeer ausgesetzt und zeigte nach zwei Monaten keine Daten mehr. Vermutlich hatte ihn ein Eisberg in eine Wassertiefe gedrückt, für dessen Druck er nicht ausgelegt war. Auch im Tierreich ist der Druckausgleich von Bedeutung: So können Kaiserpinguine, Weiße Haie oder auch Riesenkalmare dank ihres Körperbaus viel tiefer tauchen als wir Menschen. Wie wichtig die Form der Schiffe für die Geschwindigkeit ist, mit der sie sich fortbewegen, lässt sich gut an Ruderbooten ablesen. So ist in der Ausstellung ein Olympia-Vierer zu sehen, mit dem das Team der BRD bei den Olympischen Spielen 1972 mit nur einer Bootslänge vor der DDR gewann. Das Boot war eine technische Innovation: Glasfaserkunststoff und Kohlenstoffgewebe machten es besonders leicht und schnell. Diese Bauweise hat sich heute im professionellen Rudersport weitgehend durchgesetzt.
Einer von zwei Gezeitenrechnern in der Ausstellung. Dieses Modell stammt aus der DDR.
Credit: DSM / Nicole Werner