Prof. Dr. Heinz Schilling zu Gast im DSM
„Wir heißen beide Schilling, sind aber weder verwandt noch verschwägert.“ Seit sie im Januar Direktorin des Deutschen Schifffahrtsmuseums (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte wurde, hat Prof. Dr. Ruth Schilling diesen Satz schon häufig gesagt. Denn sie teilt den selben Nachnamen sowohl mit der DSM-Stiftungsratsvorsitzenden und Bremer Wissenschaftssenatorin Dr. Claudia Schilling als auch mit ihrem Doktorvater Prof. Dr. Heinz Schilling. Letzterer hat seine einstige Doktorandin nun vor wenigen Wochen im Museum besucht.
Der bekannte Historiker mit dem Schwerpunkt auf die Frühe Neuzeit ist emeritierter Professor an der Humboldt-Universität Berlin und wurde für sein wissenschaftliches Werk vielfach ausgezeichnet. Bis heute verfasst er wegweisende Bücher. Mit "Martin Luther. Rebell in einer Zeit des Umbruchs" und "1517 – Weltgeschichte eines Jahres" (München, Beck 2012/17 bzw. 2017) wurde er zum Spiegel-Bestseller Autor. 2020 legte er die Biographie "Karl V. Der Kaiser, dem die Welt zerbrach" und in diesem Jahr "Das Christentum und die Entstehung des modernen Europa. Aufbruch in die Welt von heute" vor. Im DSM verschaffte er sich im Forschungsdepot unter anderem einen Eindruck von den historischen Seekarten-Beständen aus dem 16.-18. Jahrhundert, bevor ihn Ruth Schilling durch die Kogge-Halle führte.
Interessiert nahm er das historische Wrack der Kogge in Augenschein und stellte seiner einstigen Doktorandin viele Fragen zu der von ihr kuratierten Ausstellung – gewohnt scharfsinnig und humorvoll zugleich. Die DSM-Chefin fühlte sich denn auch gleich lebhaft an ihre Studienzeit erinnert.
Die Bremer Kogge datiert aus dem 1380 und wurde somit 137 Jahre vor dem Beginn der Reformation erbaut. Luthers Thesenanschlag an der Kirche zu Wittenberg ist ein geschichtlicher Wendepunkt, der den Beginn moderner Gesellschaftsformen markiert und Heinz Schillings wissenschaftliches Werk stark durchzieht. In Bremen verbreitete sich die neue Glaubenslehre bereits fünf Jahre später – also vor genau 500 Jahren – nachdem der niederländische Augustinermönch Heinrich von Zütphen 1522 die erste reformatorische Predigt in der St. Ansgarii-Kirche gehalten hatte.
Die Schifffahrt, sagt Heinz Schilling, habe bei der Verbreitung der neuen Glaubenslehre eine wichtige Rolle gespielt. Während die lutherische Konfession sich territorial verbreitete und damit weniger maritim geprägt war, hätten sich die reformierten Lehren vor allem auf dem Seeweg ausgebreitet. Am Ende seines Besuches trug sich Heinz Schilling ins DSM-Gästebuch ein: „Mit Bewunderung und Begeisterung habe ich die Bremer Kogge und ihre wissenschaftlich gelungene Präsentation gesehen. Ich gratuliere und wünsche weiterhin guten Erfolg – beim Bauen, vor allem aber bei der Gestaltung der Ausstellung in den restaurierten „Neu“-Bauten.“
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Thomas Joppig